Bundestag beschließt Wahlrechtsreform

Die beschlossene Reform des Bundestagswahlrecht zeigt, dass die Politik die Kraft hat, sich selbst zu reformieren. Die Reform ist fair und behandelt alle gleich, denn jede Partei erhält zukünftig im gleichen Verhältnis Sitze.

Mit der Wahlrechtsreform hat die Ampelkoalition die Fähigkeit bewiesen, eine Entwicklung zu korrigieren, die in den vergangenen Jahren bei vielen Menschen in Deutschland für großes Unverständnis gesorgt hat. Das kontinuierliche Anwachsen des Bundestages führte dazu, dass dieser mit 736 Abgeordneten inzwischen eines der größten Parlamente der Welt ist. Frühere Reformversuche haben die Probleme nicht beseitigen können. Dabei hat es in den vergangenen Jahren immer wieder Anläufe für eine Wahlrechtsreform gegeben. Manche sind schon im Entwurfsstadium steckengeblieben, andere sind auf den letzten Metern gescheitert. Die aktuelle Regierungskoalition hat nun die Kraft aufgebracht, über eine Wahlrechtsreform nicht nur zu diskutieren, sondern diese auch zu beschließen. 

Zweifelsohne verlangt dieser Schritt von den Parteien einiges ab. Wenn der Bundestag wirklich verkleinert werden soll, muss die Bereitschaft vorhanden sein, auch auf Mandate für die eigene Partei zu verzichten. Den Willen, sich selbst zu beschränken, haben auf dem Weg zum neuen Wahlrecht nicht alle politischen Parteien aufbringen können. Der Prozess war daher nicht selten von unbrauchbaren Vorschlägen geprägt.

Mit dem neuen Wahlrecht wird am Grundprinzip der personalisierten Verhältniswahl festgehalten. Wie gewohnt wird die Gesamtzahl der Sitze im Verhältnis der von den Parteien bundesweit errungenen Zweitstimmen verteilt. Gleichzeitig erlangt ein Wahlkreismandat neuerdings nur, wer in einem Wahlkreis auch die meisten durch Listen- bzw. Zweitstimmen gedeckten Erststimmen vorweisen kann. Es ist also eine sogenannte Zweitstimmendeckung von Wahlkreismandaten erforderlich, um über den Wahlkreis ein Mandat für den Deutschen Bundestag zu erhalten. Wie bisher, werden die den Parteien zustehenden Sitze immer vorrangig an Wahlkreiskandidaten zugeteilt. Erst danach kommen die Landeslisten zum Zug.

Das eingeführte System der Zweitstimmendeckung hat zahlreiche Vorteile. Das personalisierte Verhältniswahlsystem, in dem die Erststimme nur auf die Besetzung des Bundestages mit Personen, nicht aber auf den Parteienproporz Einfluss nehmen soll, wird endlich konsequent umgesetzt. Anders als vorangegangene Reformentwürfe ist das neue Wahlrecht fair und behandelt alle Parteien gleich. Überhangmandate können nicht entstehen. Ausgleichmandate sind deshalb nicht mehr erforderlich. Der Bundestag wird damit nicht nur deutlich, sondern auch dauerhaft verkleinert. Seine reguläre Größe von nun mehr 630 Sitzen wird in jedem Fall und exakt eingehalten. Das weiß man ab sofort auch schon vor der Wahl. Er wird insofern wieder der Durchschnittsgröße demokratischer Parlamente in Europa entsprechen.

Die Grundmandatsklausel, die Parteien unterhalb der 5-Prozent-Hürde ins Parlament verholfen hat, wenn diese in mindestens drei Wahlkreisen vorne lag, ist dem neuen System der Zweitstimmendeckung fremd. Die Klausel wurde in der Anhörung zum Gesetzentwurf von Verfassungsrechtlern – insbesondere von den Sachverständigen der Union – stark kritisiert. Im neuen Wahlrecht fällt sie daher weg. Damit ziehen in den Deutschen Bundestag nur Parteien ein, welche die Fünfprozenthürde überwinden – exakt so, wie es unter anderem auch im bayerischen Landtagswahlrecht der Fall ist.

Das hat zur Folge, dass Parteien, die weniger als 5 Prozent der Zweitstimmen erhalten, zukünftig nicht mehr im Bundestag vertreten sein werden. Das gilt ausnahmslos für alle Parteien und benachteiligt keinen politischen Akteur. Dass beispielsweise die CSU deutschlandweit weniger als 5 Prozent der Zweitstimmen und damit keine Sitze im Bundestag erhält, ist ein theoretischer Fall, der in der Geschichte des Deutschen Bundestages noch nie dagewesen ist. Sollte die CSU für möglich halten, müssen wir über mögliche Lösungsvorschläge auf Basis des beschlossenen Wahlrechts sprechen. Schließlich geht es uns bei der Reform nicht um die Verkleinerung der Parteienvielfalt des Bundestages, sondern darum, dass Deutschland einen kleineren Bundestag verdient hat. Politik, die von den Menschen Veränderung fordert, muss die Bereitschaft zeigen, diese auch mitzutragen. Die kürzlich beschlossene Wahlrechtsreform ist ein Beitrag dazu.

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Die Wahlrechtsreform ist beschlossen