Kein gesetzgeberischer Aktionismus im Waffenrecht
Das deutsche Waffenrecht ist bereits heute sehr streng und vereint das Sicherheitsinteresse der Bevölkerung mit der Notwendigkeit, privaten Waffenbesitz zu ermöglichen, um damit dem Schießsport und der Jagd nachzugehen. Es stellt dabei sicher, dass nur zuverlässige Personen mit einem nachgewiesenen Bedürfnis Schusswaffen besitzen dürfen (Positionspapier).
Diesem Umstand haben die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP Rechnung getragen, indem sie im Koalitionsvertrag für die 20. Wahlperiode festgestellt haben, dass die überwiegende Zahl der Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer rechtstreu ist. Extremisten und Terroristen sind konsequent zu entwaffnen. Die Fraktionen haben dazu vereinbart, die ereignisgetriebenen Waffenrechtsänderungen der vergangenen Jahre zu evaluieren und die kriminalistische Erfassung von Straftaten mit Schusswaffen besser zu erfassen.
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat am 30. August 2023 einen Evaluierungsbericht zum 3. Waffenrechtsänderungsgesetz veröffentlicht. Damit möchte das BMI der im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbarten Evaluierung nachkommen. Der nun vorgelegte Bericht aus dem Bundesinnenministerium ist jedoch keine Grundlage für eine Verschärfung des Waffenrechts. Statt immer neue Verschärfungen des Waffenrechts vorzunehmen, müssen die geltenden Regeln einer echten Überprüfung unterzogen werden. Dazu gehört im Einzelnen:
Wesentlicher Dreh- und Angelpunkt für eine bessere Durchsetzung des geltenden Waffenrechts zur Entwaffnung von Extremisten und Gefährdern ist die personelle Ausstattung und die Schulung der zuständigen Waffenbehörden. Eine Änderung der Rechtsgrundlagen verbessert nicht die praktische Durchsetzung des Rechts. Es empfiehlt sich daher, etwa im Rahmen der Innenministerkonferenz, auf eine bessere Ausstattung und Weiterbildung der Waffenbehörden zu drängen, statt das Waffenrecht zu ändern.
Darüber hinaus muss sich der Bund stärker um die Bekämpfung des illegalen Waffenbesitzes kümmern. Die kriminalistische Erfassung von Straftaten mit Schusswaffen muss verbessert werden, indem die Polizeiliche Kriminalstatistik und das Lagebild zur Schusswaffenkriminalität künftig zwischen legalen und illegalen Waffen differenzieren. Ohne eine solche Differenzierung verbietet sich jede Verschärfung des Waffenrechts.
Darüber hinaus wird derzeit auf der Ebene der Europäischen Union über eine erneute Änderung der EU-Feuerwaffenrichtlinie diskutiert. Angesichts des erheblichen Änderungsbedarfs, den die letzte Reform durch die Richtlinie (EU) 2021/555 im deutschen Recht ausgelöst hat, sollte eine Änderung des nationalen Waffenrechts erst im Anschluss an eine solche Richtlinienänderung erfolgen.
Neben der letzten Verschärfung des Waffenrechts durch die Große Koalition in der 19. Wahlperiode müssen die weiteren häufig ereignisgetriebenen Rechtsänderungen der letzten Jahre evaluiert werden, insbesondere die Einführung der medizinisch-psychologischen Untersuchung für Menschen, die das 25. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, die mit der Reform im Jahr 2002 beschlossen wurde, die verschärften Aufbewahrungsregeln und die Einschränkungen beim Schießsport, die im Jahr 2009 vorgenommen wurden sowie die erneute Verschärfung der Aufbewahrungsregeln im Jahr 2017.