Mehr reguläre, weniger irreguläre Migration
Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat Deutschland etwa 1,06 Millionen Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Hinzu kommen für das Jahr 2022 ca. 218.000 Erstanträge auf Asyl, insbesondere aus den Herkunftsstaaten Syrien, Afghanistan und Irak.
Die Kombination aus dem Ukraine-Krieg und den hohen Zuzugszahlen aus anderen Herkunftsstaaten führt zu einer hohen Belastung für die Kommunen in Deutschland. Die finanziellen Belastungen und der knappe Wohnraum tragen zur angespannten Situation bei. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sollte nun kurzfristig seine Anhörungskapazitäten erhöhen, damit die Kommunen nicht teure Unterbringungsplätze vorhalten müssen, die dann ungenutzt bleiben.
Zwar hat der Bund bereits circa 68.000 Unterbringungsplätze zur Verfügung gestellt sowie finanzielle Hilfen in Höhe von 4,25 Milliarden Euro für das Jahr 2023 beschlossen. Gleichwohl ist es zwingend erforderlich, dass diese Gelder zügig und wirkungsvoll dort ankommen, wo man auf diese angewiesen ist, nämlich in den Kommunen. Die Länder sind aufgerufen, die finanziellen Mittel an die Kommunen weiterzugeben.
Anlässlich der aktuellen Lage lohnt es sich, einen Blick über den Tellerrand hinaus zu werfen und das Thema der Migration im europäischen Kontext zu betrachten. So gilt es, die dringend notwendige Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) auf EU-Ebene voranzubringen. Bedauerlicherweise konnten die Mitgliedstaaten der EU in den letzten Jahren keine Einigung hinsichtlich einer umfassenden Reform erzielen. Die GEAS-Reform ist jedoch von fundamentaler Bedeutung, um das langfristige Ziel einer fairen Verteilung von Verantwortung und Zuständigkeit zwischen den EU-Staaten zu erreichen. Deutschland hat ein ureigenes Interesse an offenen Binnengrenzen in der Europäischen Union. Diese dürfen allerdings nicht dazu führen, dass Menschen automatisch nach Deutschland weiterreisen, obwohl andere EU-Mitgliedstaaten für sie zuständig sind.
Zur Stärkung unseres Asylsystems bedarf es zusätzlich der Eindämmung illegaler Einwanderung. Schließlich suchen auch Menschen, die nicht schutzbedürftig sind, den Weg über das Asylsystem nach Deutschland. Teilweise wählen Menschen diesen Weg nur deshalb, weil legale Einwanderungswege nach Deutschland fehlen oder zu kompliziert gestaltet sind. Die Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems nach dem Vorbild erfolgreicher Einwanderungsländer, die weitere Öffnung der Blue-Card, aber auch die Weiterentwicklung der sogenannten Westbalkan-Regelung sollen den Grundstein für ein modernes Einwanderungssystem legen. Wer eine Chance auf Einwanderung in den Arbeitsmarkt hat, für den darf eine Einwanderung über das Asyl-System nicht einfacher oder attraktiver sein.
Um eine Ausreise bei Personen zu erreichen, die sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhalten, bedarf es einer stärkeren Kooperation der Herkunftsstaaten. Die FDP setzt sich für Migrationsabkommen mit diesen Staaten ein, die typischerweise ein eigenes Interesse an mehr regulärer Migration haben. Wer mehr Arbeitsmigration nach Deutschland will, sollte eigene ausreisepflichtige Staatsangehörige zurücknehmen. Ferner setzt sich die FDP dafür ein, die Kompetenzen der Bundespolizei zu erweitern. Greift diese eine ausreisepflichtige Person in ihrem Zuständigkeitsbereich auf, so sollte sie die Ausreisepflicht auch direkt selbst durchsetzen können.
Mit den Gesetzen zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts und zur Beschleunigung der Asylverfahren und Asylklageverfahren hat die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr bereits wichtige Veränderungen auf den Weg gebracht. So waren hier unter anderem Erleichterungen bei der Abschiebung von Straftätern und eine einheitliche Regelung der Ausweisungsgründe für Asylberechtigte, GFK-Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte enthalten.
Es handelt sich dabei um gute erste Schritte. Zur Erreichung des im Koalitionsvertrag festgelegten Paradigmenwechsels in der Migrationspolitik bedarf es jedoch weiterer Maßnahmen. Nur so wird es uns gelingen, langfristig irreguläre Migration einzudämmen und reguläre Migration attraktiver zu machen.