Psychologische Verteidigung für liberale Demokratien

Es besteht eine Bedrohungslage durch ausländische autokratische Einflussnahme. Ein Hub für psychologische Verteidigung wäre eine sinnvolle Einrichtung, um psychische Resilienz zu stärken und koordiniert Maßnahmen zu ergreifen, um der Bedrohungslage zu begegnen.

Liberale Demokratien wie die Bundesrepublik Deutschland sowie ihre europäischen und transatlantischen Verbündeten befinden sich derzeit in einem Systemkonflikt: Sie stehen einem zunehmenden Expansionsstreben autokratisch regierter Staaten wie Russland oder China gegenüber. Diese autokratisch regierten Staaten setzen bei ihren Maßnahmen gegenüber liberalen Demokratien mittlerweile nicht nur auf klassische Spionageinstrumente, um sensible Informationen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auszuforschen. Vielmehr kommen auch irreguläre, asymmetrische und nicht-militärische Mittel zum Einsatz, beispielsweise wird Desinformationen und Propaganda gestreut oder kritische Infrastruktur wird angegriffen. Dabei werden die Spielräume eines pluralen und zunehmend digitalen Meinungsmarkts gezielt für Verunsicherung und Destabilisierung ausgenutzt.

Kontroverse Meinungen und Diskussionen sind zwar ein elementarer Teil demokratischer Meinungs- und Willensbildungsprozesse. Wenn allerdings Willensbildungsprozesse im Inland und die Handlungsfähigkeit des Staates nach außen durch gezielte illegitime ausländische Einflussnahme beeinträchtigt werden, so stellt dies eine Gefahr für unsere Demokratie dar. Wenn es darum geht, liberale Demokratie selbst zu beseitigen, ist die Schwelle zum problematischen Angriff auf die liberale Demokratie überschritten.

Derzeit wird der Wille, die Ausdauer und die Planmäßigkeit autokratischer Regimes zur Zermürbung unserer Gesellschaft unterschätzt. Es besteht zudem eine mangelnde Resilienz gegenüber ausländischer autokratischer Einflussnahme. Im europäischen Vergleich zeigt sich zusätzlich, dass in Deutschland die Empfänglichkeit für entsprechende Einflussnahme ausgeprägter ist als in anderen Staaten. Der bestehenden Bedrohungslage muss jedoch adäquat begegnet werden!

Dabei ist zunächst einmal erforderlich, dass Maßnahmen gegen hybride und asymmetrische Angriffe koordiniert erfolgen können. Derzeit liegt diese Kompetenz bei mehreren Ministerien. Insofern bedarf es eines auf gesetzlicher Grundlage basierenden Hubs für psychologische Verteidigung, welcher sich durch große organisatorische Unabhängigkeit auszeichnet und nicht im Weisungsstrang eines Ministeriums steht. Dieser Hub soll Erkenntnisse über Desinformationskampagnen und hybride Angriffe zusammenzuführen. Auch sollen blinde Flecken bei der Bekämpfung hybrider und asymmetrischer Angriffe aufgezeigt werden und die Bevölkerung proaktiv informiert werden. Zudem soll durch den Hub ein nationales Warn- und Informationssystem in Bezug auf entsprechende Angriffe etabliert werden. Dabei übernimmt der Hub die zentrale Monitoring-Kompetenz in Deutschland und erstellt monatlich Lagebilder über die hybride Gefährdungslage. Landes- und Bundesbehörden können Informationen über bekannte Kampagnen frühzeitig einspeisen; auch Journalisten und NGOs werden die Möglichkeit haben, ihre Erkenntnis frühzeitig zu teilen. Soweit möglich werden die Ergebnisse ebenfalls mit den entsprechenden NATO-Stellen geteilt, um zu einem gemeinsamen Lagebild beizutragen.

Der internationale Austausch ist auch in anderen Bereichen erstrebenswert: Partnerländer wie beispielsweise die baltischen Staaten oder Skandinavien befassen sich seit Jahren systematisch mit hybriden Angriffen und Desinformationskampagnen. Daher sollte regelmäßig ein best-practice-Austausch erfolgen, um auch die fortwährend neuen Strategien der Angreifer schneller zu erfassen.

Neben dem internationalen Kommunikationsprozess soll auch in Deutschland die öffentliche Kommunikationskomponente gestärkt werden, zum Beispiel sollen Experten aus den beteiligten Behörden sowie aus der Wissenschaft proaktiv und periodisch über die Gefährdungslage aufklären. Auch der Hub selbst kann auf Unzulänglichkeiten hinweisen. Dabei kann in Zusammenhang mit den Nachrichtendiensten auch auf Instrumente wie das wie „Strategic Declassification“ zurückgegriffen werden, also das strategische Preisgeben von bisherig eingestuften Informationen.

Im Ergebnis werden durch einen Hub für psychologische Verteidigung eine Vielzahl weiterer Maßnahmen ermöglicht. Der Bedrohungslage, welche durch ausländische autokratische Einflussnahme hervorgerufen wird, muss bestmöglich begegnet werden – ein Hub für psychologische Verteidigung wäre der erste Schritt in die richtige Richtung!

Positionspapier: Psychologische Verteidigung für den Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung

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